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Gründung und Aufstieg der Geyer-Werke (1911-1928)

 

Nach diesen Fehlschlägen wurde entschieden, daß künftig „nur diejenigen Maschinen gebaut werden, die für die Filmfabrik benötigt werden. Es kam also auch nicht mehr in Frage, Absatzgebiete ... zu suchen und solche Maschinen für fremde Rechnung herzustellen.“47 Damit gingen auch Arbeitsplätze verloren; der Standort Adlershof wurde nach einer Zwischennutzung durch die Fotoabteilung aufgegeben, das Gebäude an die Schokoladenfabrik Lindt & Sprüngli verkauft. Anschließend wurden, auch aus steuerlichen Gründen, Maschinenfabrik und Kopierwerk wieder zusammengelegt und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

 

Die Geyer-Werke AG, so der neue Name des Unternehmens, wurde mit Rückwirkung auf den 1.1.1926 mit einem Aktienkapital von 600.000 RM eingetragen. Hierzu merkte die „Lichtbildbühne“ unter dem Titel „Die Konzentration bei Geyer“ an: „Dieser Vorgang stellt sich nicht als eine Finanztransaktion, sondern als eine Maßnahme dar, die man als eine betriebstechnische bezeichnen kann. Denn die neue Aktiengesellschaft ist, ebenso wie ihre Vorgängerinnen, eine reine Familiengründung, für die nur die Form einer Aktiengesellschaft gewählt worden ist. ... Zweifellos wird man von dieser Maßnahme nicht nur eine gewisse Konzentration und Vereinfachung der Betriebe, sondern auch manche anderen wirtschaftlichen Vorteile erwarten.“48

 

Tatsächlich erfolgte schon bald eine erneute Ausdehnung des Betriebes. Im April 1927 begannen auf dem inzwischen durch Zukäufe angewachsenen Firmengrundstück Bauarbeiten. Die seit 1917 nach und nach errichteten „Notstandsbauten“ wurden abgerissen, um einem neuen, großen Fabrikgebäude Platz zu machen, dessen „Frontlänge ca. 50 Meter (betrug), so daß in der gesamten Straßenfront nunmehr sämtliche erworbenen Grundstücke ihre durchgehende Bebauung erhielten“49. Architekt war wieder, wie bei allen Geyer-Bauten, Otto Rudolf Salvisberg, der inzwischen auch Mitglied des Aufsichtsrats der Geyer- Werke geworden war. „Die Ursache zur Ausführung eines großen Erweiterungsbaues war darin zu suchen, daß ... viele Abteilungen in irgendeiner Form, auch in Rücksicht auf größere Leistung, einer Ergänzung und Erweiterung bedurften. Vor allen Dingen wurde es nötig, Kundenräume (gemeint sind vermietbare Schneideräume, M.K.) zu schaffen, in denen Regisseur und Operateur ... in Ruhe mit ihren Abzieherinnen arbeiten ... konnten.“50 Vor allem aber sollten die räumlichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der mit der Einführung der Maschinenarbeit begonnenen Rationalisierung der Kopierwerksarbeit geschaffen werden. Das Ziel hieß Fließarbeit. „Ganz besonders interessant ist die in einer solchen Fabrik erstmalige Anwendung des mechanischen Filmtransportes, horizontal durch laufendes Band, vertikal durch Paternosterwerk. Laufend gelangt so der Rohfilm durch sämtliche Fabrikationsräume, um als theaterfertige Kopie in der Expedition, kontrolliert und fehlerfrei, einzutreffen. Diese hervorragende maschinelle Ausstattung setzt bewußt die automatische Sicherheit des Apparates, der Maschine an die Stelle der Unzulänglichkeit des menschlichen Auges, der Hand und erspart Personal wie Körperkräfte.“51

 

Bereits Anfang August 1928 begann nach und nach der Umzug in den Neubau, der ohne Produktionsunterbrechung durchgeführt wurde. Mit Fertigstellung des Neubaus vergrößerte sich die Betriebsfläche von 5.300 Quadratmetern auf 10.200 Quadratmeter um fast 100 Prozent, die monatliche Kopierkapazität (Positiv) stieg auf 3.000.000 Meter an.

 

Organisationsschema der Geyer-Werke, 1928. Aus der Geschäftsidee von 1911 ist ein großindustrieller Betrieb geworden, der alle Arbeiten der Filmproduktion außer den Aufnahmen anbietet. Die „Postproduktion“ ist erfunden und als eigenes Geschäftsfeld etabliert.