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Agfa, Kullmann, Singer & Co und die frühe Filmmanufaktur

Am 5.Februar 1907 teilte Dr. Oppenheim Herrn Singer mit,

 

...dass wir an die Firma Pathè frères, Paris, Rue St. Augustin, 9 Rollen Chlorsilber-Kinefilms von Emulsion 5005 absenden. Die Rollen tragen noch die Nummern 1 bis 9 und sind durchweg 49 Meter lang mit Ausnahme von Rolle 5, welche nur 48 Meter lang ist. Wir bitten Sie, die Herren Pathè frères veranlassen zu wollen, uns recht bald das Resultat ihrer Prüfung mitzuteilen. [1]

 

Charles Pathé unterschrieb persönlich die Zusammenfassung des Test-Berichtes, der Herrn Singer am 27.Februar zugesandt wurde. Die Hauptfehler, die an den neun Rollen gefunden wurden, waren, dass die Emulsion viermal langsamer war als die Eastman-Emulsion, der "Standard" für die Pathé-Kopiermaschinen; die Filmbasis war empfindlich, anfällig für Kratzer und leicht entzündlich. Die Breite der Muster war viel geringer als die geforderten 34.8 bis 35.0 mm.

 

Ende März schrieb Herr Singer an AGFA, um anzufragen, ob sie Einwände hätten, wenn er an einige von Pathés Konkurrenten in Paris heranträte.. "Ce sont aussi des maisons importantes, et peut-être seront elles moins éxigeantes que Pathé."[2]

 

Carl Weidmann von AGFA schrieb zurück, dass: "...(wir) ebenso wie Sie bedauern, dass sich unsere Bemühungen, ein den Herrn Pathé genügendes Material zu liefern, zerschlagen haben."[3] In einem zweiten Brief entschied er jedoch: "Wegen des Verkaufs von Kinefilms an andere Firmen wollen Sie sich freundlichst nicht bemühen."[4]

 

Herr Singer war stur:

 

Die Cinematograph-Theater wachsen hier wie Pilze aus der Erde. Ausserdem bringen fast alle Specialitäten-Theater-Circuse solche Vorstellungen. Die ganz enorme Vergrösserung der Pathé'schen Fabrication auf diesem Gebiet ist also erklärlich-Könnten Sie nunmehr einen Teil deren enormen Bedarfs zur Lieferung bekommen.[5]

Für das Jahr 1907 schrieb AGFA einen insgesamten Profit von 8.823.385,99 Mark.[6] Die Photographische Abteilung hatte  ca. 2.4 Million Mark eingebracht; die Herstellung und der Verkauf von Kinefilm: nichts.[7]

 

Herr Singer aber gab nicht nach. Am 12. September 1907, während der letzte Test-Bericht aus dem Pathé-Labor in Vincennes noch ausstand, schrieb Singer erneut an AGFA in Berlin: "Die Gesellschaft Gaumont ist mit Ihrem Film zufrieden, möchte indess an die Hand einer oder mehrerer Lieferung von mehreren Tausend Metern somit ein endgültiges pracktischer Urteil bilden.-"[8]

 

Zwei Wochen später hatte er immer noch keine Antwort erhalten und wurde noch drängender:

 

Inzwischen habe ich nun herausgefunden dass heute unser ganzes Interesse auf eine Verbindung mit Act.Ges. vo Gaumont u. Co. gerichtet sein muss, zumal Herrn Gaumont bereit ist mit uns zu arbeiten-. vorläufig mit Ihre Gesamt-Production event. abnehmen will, wenn wir ihm sagen wie hoch solche jetzt sein würde. Hat er einige Monate gleichwertige Lieferungen erhalten, so ist er bereit grössere Abschlüsse zu machen, uns aber in jeden Fall die freiheit lassend auch mit seinen Conkurrenz arbeiten zu können.-Zu Ihrer Orientierung diene dass diese Gesellschaft enorm in Aufnahme kommt-. binnen Kurzem nicht weit hinter Pathé zurückstehen wird.[9]

 

Er fügte noch hinzu:

 

Bezügl. Pathé habe ich vertraulich gehört dass seit kurzer Zeit eine engere Liierung mit Eastman stattgefunden hat - jetzt für uns das Feld fast verloren insofern sei, als P. uns wohl kleiner Quantum abnehmen will, aber nicht solche so grosses Interesse daran habe wie früher. [10]

 


[1]AW1084/05_FEB07. Brief von Dr. Oppenheim an P. Singer.

[2]AW1084/2_MAR07. Brief von P. Singer an die AGFA Photographische Abteilung.

[3]AW1084/04_APR07. Brief von Carl Weidmann an P. Singer.

[4]AW1084/08_APR07. Brief von Carl Weidmann an P. Singer.

[5]AW1084/19 -APR07. Brief von P. Singer an die AGFA Photographische Abteilung.

[6]35. Geschäftsbericht, erstattet vom Aufsichtsrat und der Direktion der Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrication an die Aktionäre am 4. Mai 1908.

[7]AGFA-Jahresbericht 1908, S. 92.

[8]AW1084/12_SEP07. Brief von P. Singer an die AGFA Photographische Abteilung.

[9]AW1084/30_SEP07. Brief von P. Singer an die AGFA Photographische Abteilung.

[10]Ebenda.